Die Lichtsäule in Penzing

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Kara Mustafa Paşa belagerte Wien - Wien museum. Yelkrokoyade commons.wikimedia.org, CC0 1.0




Tataren auf Pferden - The British Library/Uploader to wikimedia: Metilsteiner commons.wikimedia.org, CC0 1.0


Penzinger Pfarrkirche - Anton-Kurt commons.wikimedia.org, CC0 1.0


Ziege - Kuebi = Armin Kübelbeck commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0


Lichtsäule in Penzing - Häferl commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 AT

1683 belagerten die Türken die Stadt Wien zum zweiten Mal. Zuerst kamen die Tataren, das war die schreckliche Vorhut des Türkenheeres, in die Stadt. Sie raubten, plünderten und legten viele Brände. Oft waren es aber auch Leute die deutsch sprachen und sich den Tataren anschlossen, weil sie Freude daran hatten, gegen die Wiener Bevölkerung zu kämpfen.


Als nun das Tatarenheer von Hietzing her über den Wienfluss auf Penzing zuströmte, packten die Bauern in aller Eile Frauen und Kinder zusammen, holten das Vieh aus dem Stall und suchten noch nach einigen Vorräten. So wollten sie in die nahen Wälder flüchten und sich dort vor den Feinden verstecken.


Auch der Penzinger Schneider Johann Zagerl und seine Frau packten alles zusammen und luden ihr Hab und Gut auf ihren Esel. Dem Sohn Sepperl gaben sie den Auftrag, die Ziege an einem Strick hinter ihnen her zu führen.


Sepperl hatte schon sehr viel über die Türken gehört. Sie sollen immer rote Pluderhosen anhaben und auf dem Kopf einen Turban tragen. Auch über ihre Waffen, nämlich die Krummsäbel, ist schon sehr viel gesprochen worden. Wie gerne würde er einmal so einen Türken aus nächster Nähe sehen! Immer wieder drehte er sich um und versuchte, einen zu erspähen. Es störte ihn auch gar nicht, dass seine Ziege immer wieder vom Weg abwich, denn dadurch hatte er mehr Gelegenheit, sich in der Gegend umzusehen.


Doch plötzlich waren seine Eltern verschwunden. Sepperl konnte sie nirgends mehr finden. So kehrte er um und ging zur Penzinger Pfarrkirche, um vom Kirchturm aus Ausschau zu halten. Hier kannte er sich gut aus, denn als Ministrant hatte er schon oft die Glocken geläutet.


Als er beim Kirchturmfenster hinaussah, hörte er bereits das Getrappel der Pferdehufe, das Klirren der Säbel sowie lautes Reden in einer fremden Sprache. Die vielen Reiter, die alle einen dunklen Schnurrbart trugen und auf kleinen Pferden daherkamen, sahen wild und furchterregend aus. Sie hatten viel mehr Waffen, als Sepperl erwartet hatte. Säbel, Dolche, Äxte aber auch Pfeile und Bogen hingen an den Sätteln der Pferde.


Sepperl hatte schreckliche Angst. Er hatte nun keine Zeit mehr, um sich die Kleidung der fremden Männer genau anzuschauen. Da fiel ihm plötzlich ein, dass er die Ziege ja unten bei der Kirche angebunden hatte. So schnell er konnte lief er die Stiegen des Kirchturms hinunter, einen Teil davon rutschte er nur mehr auf den Knien, da er gestolpert war.


Endlich war er draußen. Aber wohin sollte er jetzt gehen? Er hörte bereits, wie die Feinde gegen die Türen trommelten, wie sie mit den Faustkolben Fenster einschlugen. Er sah, wie sie Feuer legten und ganze Häuser in Flammen standen. Er konnte sich nirgendwo verstecken.


Da lief er über den Kirchplatz und stand plötzlich vor der Lichtsäule. Hier stellten die Leute aus Penzing immer brennende Kerzen auf, wenn sie für ihre Verstorbenen beteten. Aus diesem Grund wurde sie Lichtsäule genannt. Jetzt brannte aber keine Kerze davor, jetzt stand schon der ganze Ort in Flammen.

Sepperl sah die schmale Öffnung in der Lichtsäule, die sie immer beim Versteckenspiel benutzten. Das war seine Rettung! Er zwängte sich in den engen Spalt hinein! Hier würden ihn die feindlichen Soldaten nicht finden! Hier wäre er vorerst einmal in Sicherheit!


An dieser Stelle blieb Sepperl nun einen ganzen Tag und die darauffolgende Nacht. Er traute sich nicht zu rühren. Als es dann Morgen wurde, war es draußen ganz still geworden. Endlich wagte er sich aus seinem engen Versteck. Natürlich war die Ziege verschwunden, aber auch sonst sah Penzing fürchterlich aus: Die meisten der Häuser waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt, die Gärten waren verwüstet und auch die kleine Pfarrkirche war zerstört.


Als er heraus trat, entdeckte er Georg Hammerl, den Schuster, der aus seinem Versteck im Wald zurückgekommen war, weil er nachsehen wollte, ob die Tataren schon weitergeritten waren. Der Schuster nahm Sepperl bei der Hand und brachte ihn zurück zu seinen Eltern. Die waren überglücklich, dass sie ihren Sohn wiederhatten, denn sie hatten schon befürchtet, dass er von den Türken verschleppt worden wäre. Die Ziege war zwar verloren, aber die Hauptsache für alle war, dass Sepperl wieder gesund zurück war.


Seine einzige Verletzung, die er sich bei diesem aufregenden Erlebnis zugezogen hatte, war das aufgeschundene Knie vom Sturz über die Kirchturmtreppe.


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