Seit dem Tode Süleymans des Prächtigen im Jahre 1566 übten die Großwesire im Reich die Macht aus. Die Sultane waren nur mehr am Palastleben und nicht am Kriegführen interessiert. Der Verfall des osmanischen Reiches wurde im Westen allerdings nicht wahrgenommen. Man hielt die Türken immer noch für sehr gefährlich. Und das nicht zu unrecht.

Kara Mustafa Paşa - Wien museum. Yelkrokoyade commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Kaiser Leopold I. - Benjamin von Block/Gryffindor commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg - J. le Pautre commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Johann Sobieski, König von Polen - Daniel Schultz (1615–1683) commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Papst Innocent XI. - Foto: Mathiasrex commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Herzog Karl V. von Lothringen - Unknown commons.wikimedia.org, CC0 1.0
Prinz Eugen von Savoyen - Johann Gottfried Auerbach?/Evening.star commons.wikimedia.org, CC0 1.0

Der ehrgeizige Großwesir Kara Mustafa Paşa beschloss im Jahre 1682 einen Kriegszug gegen Kaiser Leopold I.

Er wurde durch den ungarischen Magnaten (Angehöriger des hohen Adels in Ungarn) Emmerich Graf Thököly in seinem Vorhaben bestärkt.

König Ludwig XIV. von Frankreich spendete Geld für diesen Feldzug gegen Österreich. Er wollte die Macht der Habsburger schwächen.

Alle Friedensbemühungen der Habsburger schlugen fehl. Daher schlossen die Österreicher einen Allianzvertrag (Bündnis) mit Johann III. Sobieski, König von Polen, um gegen einen möglichen Angriff der Osmanen vorbereitet zu sein. Papst Innozenz XI. war wesentlich am Zustandekommen der österreichisch-polnischen Allianz beteiligt.

Am 19. Oktober 1682 verließ eine Armee von 200 000 Mann mit 300 Geschützen Istanbul. Sie überwinterte in Edirne und erreichte am 3. Mai 1683 Belgrad.

Dort übertrug Sultan Mehmed IV. seinem Großwesir Kara Mustafa Paşa den Oberbefehl über das Heer. Bei einer Versammlung aller Paşas (hohe, türkische Beamte) wurde Wien als Angriffsziel bestimmt.

Die tatarische Vorhut, bestehend aus 40 000 Mann, überquerte die Raab. Am 7. Juli kam es zu Gefechten bei Petronell. Am gleichen Tag verließ Kaiser Leopold I. mit seiner Familie Wien und flüchtete nach Linz. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg übernahm die militärische Führung in der Stadt.

Nach der ersten Türkenbelagerung des Jahres 1529 waren die veralteten Befestigungsanlagen unter Kaiser Ferdinand I. ausgebaut worden. Die moderne Anlage umfasste zwölf durch Wälle verbundene Bastionen. Vor den Wällen befanden sich V-förmige Schanzen und das Glacis. Das waren unbepflanzte Grünflächen vor der Stadtmauer, welche der Verteidigung ein freies Schussfeld ermöglichten.

Den Wienern standen 16 000 Soldaten zur Verfügung und die Kavallerie (berittene Soldaten) Herzog Karls V. von Lothringen stand auf dem linken Donauufer bereit.

Am 15. Juli forderten die Osmanen Graf Starhemberg zur Übergabe der Stadt auf. Als dieser ablehnte, begann der Belagerungskrieg.

Kara Mustafa sammelte seine Kräfte an der Burgbastei und Löwelbastei und der dazwischen liegenden Burgschanze. Er ließ Laufgräben ausheben mit deren Hilfe die Türken das Glacis geschützt überwinden konnten.

Die türkische Artillerie feuerte unaufhörlich und die 310 Geschütze der Wiener schossen zurück, während die ersten Minen an der Burgmauer explodierten.

In Wien herrschten Nahrungsmittelknappheit und die Ruhr. Es gab nur 4 000 kampfbereite Männer zur Verteidigung.

Graf Starhemberg traf Vorbereitungen für einen Häuserkampf. Die erschöpfte Wiener Bevölkerung hoffte auf ein baldiges Eintreffen des Entsatzheeres aus Polen.


Die Schlacht um Wien

Am 15. August marschierte der polnische König Johann Sobieski mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien.

Die Donau konnte ungestört überquert werden, da Karl von Lothringen zuvor Thökölys Truppen und ein türkisches Hilfskorps beim Bisamberg geschlagen hatte. Sobieski vereinte sich mit den Truppen der Sachsen, den Kaiserlichen, den Bayern und den fränkisch-schwäbischen Reichstruppen bei Tulln.

Das 70 000 Mann starke Befreiungsheer unter Sobieski und Karl von Lothringen näherte sich über die Berge des nördlichen Wienerwaldes der belagerten Stadt. Am 12. September standen sie am Kahlenberg.

In dieser Schlacht um Wien kämpfte auch der später als Feldherr berühmt gewordene Prinz Eugen von Savoyen. Er wurde Nachfolger Karls V. von Lothringen.

Der französische Ingenieur Dupont, der bei den Polen diente, schrieb folgendes in sein Tagebuch: "Rauch und Flammen verhüllten die Stadt dergestalt, dass nur die Spitzen der Türme dazwischen sichtbar waren. Überdies aber breiteten sich 200 000 Osmanen in Schlachtordnung vor ihrem Lager in der Strecke von der Donau bis an die Gebirge aus. Weiter links von den Türken zogen ungezählte Tatarenhorden (Mongolen) gegen die Höhen und Waldungen heran, ihrer Sitte gemäß in Haufen und Unordnung."

Trotz der Übermacht konnte die Verteidigungslinie der Türken durchbrochen werden. Besonders die Polen lieferten sich heftige Gefechte mit den Tataren bei Dornbach und am Schafberg. Nachdem der Truppenkern der Osmanen geschlagen worden war, ergriffen die Türken überstürzt die Flucht.

Sie sammelten sich bei Raab und zogen nach Belgrad ab, wo Kara Mustafa am 25. Dezember auf Befehl des Sultans erdrosselt wurde.

Georg Franz Koltschitzky

 
Das Cafe Frauenhuber zählt zu den ältesten Kaffeehäusern Wiens. Einst haben hier Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven musiziert. - Zyance commons.wikimedia.org, CC BY-SA 2.5

Während der Belagerung tat sich ein Mann namens Georg Franz Kolschitzky besonders hervor. Er war in Polen geboren und lebte seit seinem 16. Lebensjahr in Wien. Kolschitzky sprach mehrere Sprachen und war lange als Dolmetscher in der Türkei gewesen. Während der Belagerung diente er als Kundschafter und Kurier. Als Türke verkleidet schlich er sich durch die feindlichen Linien und überbrachte Nachrichten zwischen Polens König Sobieski und Herzog Karl von Lothringen. Er informierte die Wiener davon, dass das Entsatzheer unterwegs war und die Stadt sich nicht ergeben sollte. Damit hat Kolschitzky zur Rettung Wiens beigetragen.

Der Legende nach erbat er sich nach dem Sieg von der türkischen Kriegsbeute Säcke mit braunen Bohnen - Kaffeebohnen - die er von seinen Reisen in der Türkei kannte. Damit soll er das erste Kaffeehaus in Wien mit dem Namen 'Zur blauen Flasche' eröffnet haben. Diese Geschichte gilt mittlerweile als widerlegt.

Tatsächlich begann etwa zu dieser Zeit die bis heute währende Wiener Kaffeehaustradition.

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