Der Binderschlegel im Neusiedler See

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Binder werden auch Fassbinder, Küfner oder Böttcher genannt. Auf dem Bild hält er einen Binderschlegel in der rechten Hand. - Christoforo and Nicolao Seregno [1], CC0 1.0


Die Donau bei Grein in Oberösterreich: Hier verlor der Bindergeselle seinen Schlegel. - Walter Mittelholzer (1894–1937) commons.wikimedia.org, CC0 1.0


Satellitenaufnahme des Neusiedlersees - NASA commons.wikimedia.org, CC0 1.0

Der Neusiedler See und die Donau müssen durch ein unterirdisches Gerinne miteinander verbunden sein, sonst wäre nicht möglich, was ein Bindergeselle aus Neusiedl am See mit seinem Schlegel erlebte.

Es ist wohl schon lange her, da wandelte einen einsamen Bindergesellen, der in Neusiedl am See bei einem Meister in Arbeit stand, die Lust an, auf Wanderschaft zu gehen und sich die Welt anzusehen. Handwerk hat goldenen Boden; und da sich der Geselle auf sein Handwerk verstand, brachte er sich überall gut durch und konnte sich auch einen netten Zehrpfennig anlegen. In seiner Freizeit hatte er sich einen kunstvollen Schlegel angefertigt, dessen Stiel hohl war. Hier verbarg er die zehn Dukaten, die er sich von seinem Lohn erübrigt hatte.

Aber jeder, der die Heimat verlässt, bekommt es einmal mit dem Heimweh zu tun. So packte denn auch unseren Bindergesellen das Heimweh. Er schnürte sein Bündel, legte auch den wertvollen Schlegel dazu und begab sich auf den Heimweg. Munter zog er auf Schusters Rappen fürbaß, aber weil sich der Weg zog und in Regensburg gerade eine billige Fahrgelegenheit zu haben war, beschloss er, es auf dem Wasser zu versuchen, bestieg ein Schiff und schwamm bald lustig die Donau herunter. Aber schon bei Grein fand die Fahrt ein vorzeitiges Ende. Das Schiff geriet in den berüchtigten Strudel, wurde an die Felsen geworfen und zerschellte.

Der Geselle schwebte in Lebensgefahr, aber weil er ein guter Schwimmer war, gelang es ihm, sich aus der wirbelnden Strömung herauszuarbeiten und das Ufer zu gewinnen. Freilich, das Bündel mit dem Schlegel und sein goldener Sparpfennig waren auf Nimmerwiedersehen dahin.

So kam er zwar heil und gesund, aber ärmer, als er ausgezogen war, nach langen Jahren in die Heimat zurück. Doch der junge Mann verzagte nicht, machte sich frisch wieder an die Arbeit und war mit Fleiß und Ausdauer nach einigen Jahren soweit, dass er eine Frau nehmen und seine eigene Werkstätte aufmachen konnte.

An einem Sonntag war's, da spazierte der junge Meister mit seiner hübschen Frau am Ufer des Neusiedler Sees. Zufrieden mit seinem Los, schritt er gemächlich dahin und ließ seine Blicke über den See schweifen. Da sah er unweit des Ufers ein merkwürdiges Ding in den Fluten treiben. Mit dem Stock danach angelnd, zog er den Gegenstand zu sich heran. Wie erstaunte er aber, als er seinen Schlegel erkannte, den er vor Jahren im Strudel der Donau bei Grein eingebüßt hatte. Das Werkzeug war unbeschädigt, und so kam er auch zu seinen zehn Dukaten wieder, die noch im hohlen Stiel des Schlegels staken.

Wie aber konnte der Schlegel hierher gelangt sein? Kaum anders als durch ein unterirdisches Rinnsal, dessen Vorhandensein durch diesen Fund bestätigt erscheint.


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